1963 und final im Frühjahr 2000 wurde das menschliche Genom entschlüsselt.
Resultat: 99,9 % der in etwa 35.000 menschlichen Gene sind identisch!!
Was macht aber den Unterschied? Es ist die Art und Weise, wie Gene vom Körper benutzt werden. Also wie sie angeschaltet, aufgedreht, abgeschaltet oder heruntergeregelt werden.
Das Geheimnis der Gesundheit liegt also, was die Mehrheit aller Krankheiten betrifft, nicht im „Text“ der Gene, sondern in der Regulation ihrer Aktivität. Dass nicht alle Gene in jeder Zelle gleich häufig abgelesen und in Proteine übersetzt werden, wird klar, wenn man zum Beispiel Nieren,- Leber- und Hautzellen miteinander vergleicht. Sie alle besitzen bei einer Person ein- und dasselbe Genom, übernehmen aber grundverschiedene Aufgaben. Verantwortlich dafür sind epigenetische Prozesse. Sie steuern, wann welche Gene abgelesen werden.
Die entscheidende Frage nun: „Wie aber werden Gene reguliert?“
- Gene sind dafür zuständig, dass immer neue Zellen entstehen, also Wunden heilen, Haare wachsen, Hormone, Enzyme, Antikörper produziert werden
- Jedes Gen hat einen codierten Anfang und ein codiertes Ende
- Oberhalb der Startstelle, an der das Ablesen eines Genes beginnt, befinden sich meist kurze Sequenzen, die die Kontrolle darüber haben, wie stark ein Gen abgelesen wird. Diese sind Bindungsstellen für Substanzen aus der Umgebung
- Diese Substanzen können aus der Zelle selbst, dem Organismus oder der Umwelt kommen
- Die Anlagerung eines solchen Faktors kann entweder zur Aktivierung oder Deaktivierung des nachgeschalteten Gens führen
Signale von außerhalb – die Interaktion zwischen Genen und Umwelt
- Von außen kommende Faktoren erreichen die Kontaktstellen z.B. über Nahrung, aber auch z.B. über UV-Licht
- Den größten Einfluss auf die Regulation von Genen haben nicht stoffliche Signale im Gehirn. Über die Sinne wahrgenommene Eindrücke werden vom Gehirn fortlaufend in biologische Signale verwandelt, die massiven Einfluss auf die Bereitstellung dieser Faktoren haben
Umwandlung von Umweltsignalen in biologische Signale
Neurowissenschaft und Epigenetik
Welche Effekte der 5 Sinnesorgane vom Gehirn aufgenommen werden und damit einen Effekt auf die Genregulation haben, ist nicht zufällig.
Sie hängt von der „Bewertung“ des limbischen Systems und der Großhirnrinde ab. Ob etwas als gefährlich, angenehm, interessant oder bewältigbar eingestuft wird und damit unterschiedliche Gene aktiviert, hängt von eigenen Vorerfahrungen/Erinnerungen, aber auch vererbten genetischen Programmierungen der Vorfahren ab.
Fakt: seelische Erlebnisse können binnen kürzester Zeit Gene aktivieren oder abschalten. Die Zeit zwischen Genaktivierung und Fertigstellung des Proteins kann im Bereich weniger Minuten liegen
Das Gen des Immunbotenstoffes Interleukin 6 kann sowohl durch Entzündungsfaktoren als auch durch psychischen Stress aktiviert werden. Stress kann sowohl zur Aktivierung (z.B. CRH und damit zur Bildung von Adrenalin und Noradrenalin) als auch zur Abschaltung von Genen führen
Die bildgebenden Untersuchungsmethoden und damit das tiefere Verständnis, wie das Gehirn funktioniert, bieten uns ein enorme Potenzial (Epigenetik in Kombination mit den neuesten Erkenntnissen aus der Neurowissenschaft) auf Gesundheit und ein erfülltes Leben
Vorsicht mit zu viel Rückzug und „Ruhe“
Inzwischen kann man sicher behaupten, dass die von der Umwelt kommenden Signale, die den Organismus auf irgendeine Weise aktivieren, ohne ihn zu bedrohen, zur Aktivierung von Genen führt, welche die Nervenzellnetzwerke des Gehirns stabilisieren und deren Vernetzung fördern. Positive Umweltreize sind für die Nervenzellen also ein Überlebensfaktor, weil sie die Genexpression zahlreicher Gene fördern, welche die Nervenzellfunktionen verbessern
Wir wachsen mit sinnvollen Herausforderungen – körperlich (Nervenzellen) wie emotional. Es ist sicher eine der bedeutendsten Erkenntnisse der Hirnforschung, dass unser Gehirn durch unsere Beziehungen und Interaktionen mit unserer Umwelt ein Leben lang wächst
Homöopathie und Epigenetik
Eine Möglichkeit die Aktivität die Gene zu regulieren v.a. auch der vererbten epigenetischen Muster ist die klassische Homöopathie mit ihren potenzierten Arzneien
Stellvertretend eine die zahlreichen Studien zu diesem Thema:
How healthy are chronically ill patients after eight years of homeopathic treatment? – Results from a long term observational study
von Claudia M Witt, Rainer Lüdtke, Nils Mengler and Stefan N Willich
Ernährung, Mikrobiom und Epigenetik
Sicher ist ebenfalls: Die Zusammensetzung der Darm-Mikrobiota lässt sich durch die Ernährung und andere Faktoren wie Antibiotika-Therapien beeinflussen. Je nach Zusammensetzung stellen die Darmbakterien unterschiedliche Stoffwechselprodukte her. Diese wirken als Botenstoffe auf die Gene ein und beeinflusst dadurch die Gesundheit des Menschen. Das bedeutet konkret: Ernährung steuert die Darmflora – diese bildet Botenstoffe, welche die Histone beeinflussen, welche die Gene aktivieren – Gene wiederum entscheiden über Gesundheit und Krankheit.
Vor allem bestimmte, durch eine gesunde Darmflora, produzierte Fettsäuren führen zu den gewünschten positiven genetischen Veränderungen. Diese helfen dann dem Menschen, sich besser an die aktuellen Umweltbedingungen anzupassen und gesund zu bleiben.
Transgenerationale/vererbte Epigenetik
Im Forschungsgebiet “Developmental Origins of Health and Disease” befassen sich Wissenschaftler mit der vorgeburtlichen Entwicklung des Menschen. Sie untersuchen, wie beispielsweise die Ernährung von Vater und Mutter, aber auch Umweltfaktoren wie Stress oder Chemikalien das spätere Krankheitsrisiko des heranwachsenden Kindes beeinflussen. Es zeigt sich auch hier, dass Gene, die zur Zeit der Zeugung bei den Eltern vermehrt oder weniger abgelesen werden, auch auf die Genetik des Kindes übertragen werden.
Ein weiterer Beweis dafür, dass, sich die Gesundheit der Vorfahren auf die Nachkommen auswirkt, ist der niederländischen Hungerwinter 1944/45. Zur Zeit der deutschen Besetzung hatten die meisten Niederländer nicht mehr als 1.000 kohlenhydratbasierte Kilo-Kalorien pro Tag zu essen. Die Wissenschaftler untersuchten anhand der dramatischen Umstände, die etwa 4 Monate lange anhielten, wie sich Hungern auf die Gesundheit der Nachkommen im Erwachsenenalter auswirkt.
„Die Daten lassen darauf schließen, dass noch mindestens 2 Generationen später durch Hungern während und vor der Schwangerschaft Diabetes und Übergewicht gefördert werden. Andere Studien zeigten, dass neben dem Hunger auch existentieller Stress und andere Faktoren in der Schwangerschaft eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung der Nachkommen spielt.
„Eltern übertragen ihre „Erfahrungen“ mithilfe von epigenetischen Modifikationen der DNA auf ihre Nachkommen. „Die wiederum reagieren dann anders auf Reize aus der Umgebung.“
Fazit: Epigenetische Muster können, im Gegensatz zur DNA, von uns selbst beeinflusst werden, sind also reversibel. Sie können aber bei der Zellteilung weitervererbt werden! Wir müssen Körper und Geist/Emotionen als Ganzes betrachten, denn ein seelisches Trauma kann eine körperliche Erkrankung auslösen, genauso wie es bei psychischen Krankheiten auch auf das soziale Umfeld, die Ernährung und Bewegung ankommt.